10 B2C-E-Commerce in den einzelnen Unternehmen

Von der allgemeinen Entwicklung wird nun auf die Situation in den einzelnen Unternehmen übergegangen. Dabei ist zu beachten, dass das Studienpanel keine repräsentative Gruppe darstellt und seine Entwicklung nicht verallgemeinernd auf den Markt als Ganzes übertragen werden darf. Da den Studienteilnehmern eine vertrauliche Behandlung nicht öffentlich bekannter Einzelheiten zu ihrem Unternehmen zugesichert wurde, müssen auch hier die Ergebnisse verdichtet und Einzelaussagen zum Teil anonymisiert werden.

10.1 Umsatzentwicklung in den Unternehmen

Die 35 Unternehmen, die als potenziell marktprägende E-Commerce-Anbieter im Studienpanel zu dieser Studie beigetragen haben, weisen eine grosse Vielfalt und Heterogenität auf: Es sind Kleinstunternehmen und international tätige Konzerne vertreten, Unternehmen, die bereits 1996 oder erst 2017 mit E-Commerce begonnen haben. Unter ihnen befinden sich Start-ups und Traditionsunternehmen, Internet-Pure-Player und Multikanalanbieter, Anbieter in Phasen starken Wachstums oder in einer Konsolidierung.

Das spiegelt sich auch in der Umsatzentwicklung von 22 Unternehmen über den Dreijahreszeitraum 2016 bis 2018 wider (Abb. 33). Von 13 Unternehmen liegen die für diese Untersuchung notwendigen Angaben nicht vor oder sie sind für eine sinnvolle Auswertung nicht geeignet. Gründe dafür können beispielsweise sein, dass das Unternehmen noch keine vier vollen Jahre im E-Commerce aktiv ist oder dass sich die Basis der Zahlenreihe aufgrund von Akquisitionen, Teilverkäufen oder dergleichen verändert hat. Bei einigen Studienteilnehmern wurde die Umsatzentwicklung aus geeigneten Quellen abgeleitet, z. B. aus Geschäftsberichten der Muttergesellschaft. Die betroffenen Gesprächspartner werden über das Vorgehen informiert und haben Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

Von den erfassten Unternehmen kann bei 15 ein Vergleich zwischen der Entwicklung im E-Commerce (blaue Balken) und der Entwicklung des Gesamtunternehmens über alle Verkaufskanäle (orange Balken) angestellt werden. Bei allen Mehrkanalanbietern entwickelte sich E-Commerce besser als das Gesamtunternehmen und hat dementsprechend eine hohe Bedeutung. Sieben der 15 Multikanalunternehmen waren über die drei Jahre gesamthaft mit einem Umsatzrückgang konfrontiert, im E-Commerce erzielten sie aber alle ein Wachstum.

Drei der vier Spitzenreiter A bis D sind E-Commerce-Pure- Player. 73 % aller Studienteilnehmer wiesen in den letzten drei Jahren im E-Commerce ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 10 % oder mehr auf. Nur noch ein Unternehmen musste in dem Dreijahreszeitraum im E-Commerce insgesamt einen Umsatzrückgang hinnehmen. Im Vorjahr waren es noch drei, im Jahr davor sieben Unternehmen. Zwei Studienteilnehmer konnten eine rückläufige Phase in der Entwicklung ihrer Onlineumsätze beenden. Das zeigt, dass die Anstrengungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren in vielen Fällen Früchte getragen haben.

Betrachtet man nur das Jahr 2018, konnten neun von 22 Studienteilnehmern, das sind 41 %, im E-Commerce eine Wachstumsrate von 20 % oder mehr erzielen. In keinem der letzten fünf Jahre war der Anteil der stark wachsenden Unternehmen so hoch. Nur noch zwei Unternehmen im Studienpanel mussten 2018 einen Umsatzrückgang hinnehmen; das entspricht 9 %; 2017 waren es 16 % und 2016 gar noch 30 %.

Sowohl in der dreijährigen als auch in der einjährigen Betrachtung war 2018 für das Studienpanel ein besseres E-Commerce-Jahr als jedes der beiden Vorjahre.

Neben den Angaben aus dem kleinen und nicht repräsentativen Studienpanel des E-Commerce Report Schweiz publizieren auch VSV/GfK Angaben zur Umsatzentwicklung der von ihnen befragten Unternehmen im E-Commerce [34]. Demnach konnten 57 % von 223 Unternehmen ihre Umsätze 2018 um mehr als ein Prozent steigern, 29 % mussten Umsatzrückgänge um mehr als ein Prozent hinnehmen. Die Anzahl der Unternehmen mit rückläufigem Umsatz hat sich in dieser Gruppe im Vergleich zum Vorjahr etwas erhöht. Diese Zahlen zeigen, dass eine Partizipation am an und für sich boomenden E-Commerce für die einzelnen Anbieter keineswegs ein Selbstläufer ist.

10.2 Beurteilungen der eigenen Ertragssituation

Um eine Orientierung über die Ertragssituation des E-Commerce bei den Studienteilnehmern zu erhalten, werden sie gefragt, wie sie ihren Ertrag im E-Commerce im Vergleich zu anderen Kanälen oder Anbietern einschätzen: bei reinen E-Commerce-Anbietern im Vergleich zu traditionellen Anbietern der Branche, bei Multikanalanbietern im Vergleich zu den eignen Non-E-Commerce- Kanälen. Abb. 34 zeigt, dass die Antworten sehr heterogen ausfallen. Eine relativ schlechte Ertragssituation erklären mehrere Gesprächspartner mit Investitionen, teilweise auch explizit mit Investitionen in Wachstum, ohne die die Ertragssituation viel besser ausfallen würde. Das scheinbar gute Abschneiden der Multikanalanbieter rührt teilweise daher, dass die Ertragssituation in den stationären Kanälen aktuell schlecht ist.

E-Commerce, so wie er in der Schweiz aktuell betrieben wird, ist nicht per se rentabler als andere Kanäle.

E-Commerce ist für die meisten Omnichannel-Anbieter ebenfalls mit hohen Kosten verbunden. Der stationäre Handel wirft da nicht zwangsläufig höhere Kosten auf. Pure Onliner besitzen nach wie vor grosse Effizienz-Vorteile. Marc Huber, Jelmoli

Auf der Kostenseite ist der Onlinehandel dem stationären Handel nicht überlegen. Dominic Blaesi, Flaschenpost Services

Nicht nur die Preise, auch die Kosten gleichen sich online und stationär einander an. Wo Online noch günstiger ist, wird der Spielraum für mehr Marketing ausgegeben, bis die Kostenniveaus wieder gleich sind. Matthias Fröhlicher, KOALA

Im Onlinevertrieb steigen die Distributionskosten, stationär sind sie weitgehend stabil. Erich Mühlemann, TUI Schweiz

Mit Blick auf die Zukunft glauben 61 % der Befragten, dass sich ihre Ertragssituation in fünf Jahren auf Stufe EBIT besser darstellen wird als heute. 23 % gehen von einer Verschlechterung aus. Die Mehrheit glaubt zwar immer noch an eine Verbesserung, ihr Anteil ist aber niedriger als in den letzten zehn Jahren. In der Vergangenheit wurden die Ertragsaussichten stets eher zu optimistisch eingeschätzt. 2013 hatten 73 % der Studienteilnehmer die Erwartung geäussert, dass ihre Ertragssituation 2018 besser sein würde – es ist eher unwahrscheinlich, dass alle dieses Ziel erreicht haben.

10.3 Planungen für 2019

Abb. 35 zeigt, dass 87 % der Teilnehmer im Studienpanel auch im laufenden Jahr 2019 mit einem Umsatzwachstum im E-Commerce in der Schweiz rechnen. Die Wachstumsambitionen sind etwa gleich hoch wie in den beiden Vorjahren.

Im Ausland sind nur acht Studienteilnehmer aktiv, dort wollen alle acht wachsen – fünf von ihnen sogar um 25 % oder mehr. Auf längere Sicht ziehen wieder mehr Schweizer Anbieter Auslandsverkäufe in Betracht.

Um die Wachstumsziele zu erreichen, sagen 19 von 34 Teilnehmern, dass sie aktuell mehr investieren als in früheren Jahren, nur zwei reduzieren ihre Investitionen. Diesem Indikator zufolge ist die Investitionsbereitschaft 2019 nochmals höher als in den vorangegangenen vier Jahren, in denen sie bereits stetig angestiegen ist. Die vier wichtigsten Aktivitätsfelder sind die Informatik, Massnahmen im Bereich Personalisierung und CRM, Ausbau oder Optimierung der Logistik sowie optimierende Tätigkeiten wie Verbesserung der Usability, User Experience oder die Stabilisierung von Prozessen. Im Vergleich zu früheren Jahren seltener genannt werden Massnahmen im Bereich Suchmaschinenmarketing (SEO/SEA).

Wir müssen viel besser werden, nur schon um zu überleben. Studienteilnehmer Einzelhändler, die nicht investieren können, werden aus dem Markt fallen. Jordan Ballazini, MediaMarkt Schweiz

In unserer Branche wird weiterhin massiv in den E-Commerce investiert. Lorenz Weber, PCP.COM-Gruppe

Es ist einfach wichtig, die IT regelmässig zu überprüfen und bei Bedarf wieder zu investieren. Daniel Röthlin, Ex Libris

Wir sind zur Grösse verdammt. Anders lassen sich die Fixkosten nicht auffangen, vor allem im Infrastrukturbereich in der Logistik. Stephan Widmer, Beliani

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